Der C-Schritt des MARCH-Algorithmus: Moderne Ansätze in der Kreislaufkontrolle
Im C-Schritt des MARCH-Algorithmus (Circulation) liegt der Fokus auf der Stabilisierung des Kreislaufsystems, um Blutfluss und Sauerstoffversorgung der Organe sicherzustellen und eine kritische hypovolämische Schocksituation zu verhindern. Moderne Traumamedizin hat die traditionelle Praxis der Volumenersatztherapie mit isotonischen Lösungen wie NaCl 0,9 % hinterfragt und neue Standards etabliert.
Ziele des C-Schritts:
- Erkennung eines hypovolämischen Schocks: Symptome wie Blässe, niedriger Blutdruck und schneller Puls frühzeitig identifizieren.
- Stabilisierung des Kreislaufsystems: Sicherstellung minimaler Organperfusion durch permissive Hypotension.
- Minimierung des Blutverlusts: Unterstützung der Gerinnung und Blutstillung.
- Vorbereitung auf definitive Versorgung: Optimale Stabilisierung für den Transport ins Krankenhaus.
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Der Paradigmenwechsel: Von Kristalloiden zu Blutersatzprodukten
Frühere Ansätze setzten auf schnelle Volumenauffüllung mit Kristalloiden wie NaCl 0,9 %, um den Blutdruck zu stabilisieren. Heute weiß man, dass diese Methode das Risiko von Gerinnungsstörungen erhöht und Blutungen verstärken kann.
Probleme bei der Gabe von NaCl 0,9 %:
- Blutverdünnung (Hämodilution): Erythrozyten, Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren werden verdünnt, was die Blutstillung beeinträchtigt.
- Azidose: Große Mengen NaCl 0,9 % können eine hyperchlorämische Azidose verursachen, die Gerinnung verschlechtert.
- Verstärkte Blutungen: Ein zu hoher Blutdruck kann instabile Gerinnsel aufbrechen und Blutungen verschlimmern.
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Permissive Hypotension: Blutdruck kontrolliert niedrig halten
Die moderne Traumamedizin verfolgt das Prinzip der Permissive Hypotension, bei der der systolische Blutdruck bewusst auf 80–90 mmHg gehalten wird, um:
- Blutverlust zu minimieren: Instabile Gerinnsel bleiben intakt.
- Organdurchblutung sicherzustellen: Lebenswichtige Organe bleiben versorgt.
➡ Achtung: Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma benötigen einen höheren Blutdruck, um die Hirndurchblutung sicherzustellen.
Blutersatzprodukte: Der neue Standard
Moderne Traumazentren setzen auf frühzeitige Gabe von Blutersatzprodukten:
- Erythrozytenkonzentrate (EK): Wiederherstellung des Sauerstofftransports.
- Frischplasma (FFP): Versorgung mit Gerinnungsfaktoren.
- Thrombozytenkonzentrate: Essenziell für die Bildung stabiler Gerinnsel.
- Tranexamsäure (TXA): Innerhalb der ersten 3 Stunden nach der Verletzung verabreicht, hemmt TXA den Fibrinabbau und unterstützt die Blutgerinnung.
Massive Transfusion Protocols (MTPs) verwenden ein Verhältnis von 1:1:1 (Erythrozyten:Plasma:Thrombozyten), um optimale Ergebnisse zu erzielen.
Wärmeerhalt: Ein oft unterschätzter Faktor
Hypothermie kann die Blutgerinnung massiv verschlechtern. Maßnahmen zur Wärmehaltung:
- Patienten abdecken: Rettungsdecken oder Wärmematten verwenden.
- Infusionslösungen und Blutprodukte erwärmen: Verhindert eine zusätzliche Abkühlung durch kalte Flüssigkeiten.
Erkennung und Management von inneren Blutungen
Typische Anzeichen innerer Blutungen:
- Schocksymptome ohne äußere Blutung.
- Aufgeblähter oder verhärteter Bauch (Hinweis auf intraabdominale Blutungen).
- Instabilität des Beckens (retroperitoneale Blutungen).
Maßnahmen:
- Schneller Transport: Ziel ist die chirurgische Blutungskontrolle.
- Permissive Hypotension: Blutdruck niedrig halten.
- Frühe Gerinnungsunterstützung: Blutersatzprodukte und Tranexamsäure.
Fazit
Der C-Schritt im MARCH-Algorithmus hat durch neue Erkenntnisse eine bedeutende Evolution erfahren. Der Fokus liegt heute auf:
- Permissive Hypotension: Blutdruckkontrolle bei starken Blutungen.
- Frühzeitige Blutersatzprodukte: Minimierung von Kristalloiden.
- Tranexamsäure und Wärmeerhalt: Schlüssel für eine erfolgreiche Traumaversorgung.
➡ Weitere Details und praxisnahe Schulungen findest du in unseren Kursen zur Medic-Ausbildung und Szenarienausbildung.
